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Quo Vadis SEO? Was kann man für Suchmaschinen mit künstlicher Intelligenz noch optimieren?

fb217ef98f4f4454b98e4a7eb10f5154 Quo Vadis SEO? Was kann man für Suchmaschinen mit künstlicher Intelligenz noch optimieren?

Ich durfte im Mai an einer äußerst interessanten Diskussionsrunde mit sehr geschätzten Kollegen der Frage „Quo Vadis SEO?“ auf den Grund gehen. Die Fragestellung drehte sich also eigentlich um die Zukunft des SEO. Der Gastgeber Olaf Kopp fragte konkret „Wohin geht die Reise für SEOs und die Branche?“ Mit dabei waren neben Olaf Kopp, Co-Founder und CBDO der aufgesang Agenturgruppe und mir noch der Gründer und Head of SEO der Agentur Bloofusion, Markus Hövener, die freie Beraterin Astrid Kramer, sowie die beiden wohl bekanntesten Inhouse SEOs, Kevin Indig (Shopify) und Dominik Schwarz (HomeToGo).

Es sind viele wichtige und sehr richtige Dinge gesagt worden, doch einen extrem wichtigen, fundamentalen Aspekt haben wir überhaupt nicht angesprochen. Ich denke wir konnten zeigen, dass es nicht mehr so einfach ist (wie früher einmal) überhaupt noch als SEO nennenswerten Einfluß auf das Ranking zu nehmen. Wir waren uns alle einig, dass man als SEO eine Schnittstellenfunktion zwischen vielen unterschiedlichen Abteilungen und Bereichen einnehmen muss. So müssen beispielsweise Produktmanagement, UX, Content, Technik, sowie das Marketing und die Unternehmenskommunikation mit allen Kanälen dirigiert werden, um einen optimalen SEO-Effekt aus den ohnehin stattfindenen Anstrengungen ziehen zu können.

Mein Ansatz als externer Berater ist stets eine engpasskonzentrierte Strategie. Also ich verschaffe mir einen Überblick über die Produkte, Dienstleitungen, Zielgruppen und Ziele sowie die vorhandenen Aktivitäten und Assets und versuche anschließend herauszufinden, mit welchen Bausteinen man daraus den maximalen Impact für die Sichtbarkeit bei Google und Co. formen kann. Meine Hauptaufgabe besteht meist daraus, ein Verständnis für die Zusammenhänge zu vermitteln und im Detail mit der Erfahrung zeit- und ressourcensparende Lösungen zu finden.

Im Grunde mache ich das, seit ich SEO mache bereits so. Ich habe mich dem Thema SEO zum ersten Mal 2004 aus der Richtung barrierefreies Webdesign genähert. Meine Webseiten, die barrierearm und weitestgehend „standardkonform“ gebaut waren, haben halt von Beginn an sehr gut gerankt. Schon alleine deshalb, weil ich der Suchmaschine mit der richtigen Technik keine unnötigen Hürden aufgebaut habe. Die Technik alleine war mir aber immer zu wenig, zu eingeschränkt, also beschäftigte ich mich zunehmend auch mit Marketing, bezahlten Anzeigen, PR, Branding aber auch Usability, UX und meine Liebe zum Content begann zu wachsen.

Das aktuelle SEO-Erfolgsrezept lautet aus meiner Sicht:

  1. Technisch barrierearme Webseite (Crawling, Indexierung, Kompatibilität) als Fundament
  2. Nutzerzentrierte Webseite und wettbewerbsfähiges Angebot (UX + Content + Conversion)
  3. Nachfrage-orientierte Informationsarchitektur (Landingpages für die wichtigsten Suchanfragen + Interne Verlinkung)
  4. Content Marketing & Branding (Links, Traffic, Citations, Trust, Bewertungen, etc.)

Ich sehe es exakt wie Kevin, dass ein guter SEO, wie ein Produkt Manager horizontal über alle Unternehmensbereiche hinweg integriert und involviert werden muss:

Klar, früher konnten SEOs auch erfolgreich als kleiner Google-Bescheißer sein und mit künstlichen Signalen und schlechten Inhalten Relevanz vortäuschen, ohne mit jemandem im Unternehmen zusammenarbeiten zu müssen. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Das ist aus meiner Sicht nicht die Veränderung, die in der SEO-Branche aktuell stattfindet und noch weniger das, was der Branche noch bevor steht!

Ich würde sagen „Google removed Spam from SEO“ und das ist aus meiner Sicht eine Gute Sache.

Das Anforderungsprofil an SEOs hat sich dadurch immer weiter gewandelt, dass ich diese Bezeichnung mittlerweile für nicht mehr angemessen halte. Ein guter SEO macht so viel mehr, als „nur SEO“. Spannend finde ich, dass ich SEO als Job-Bezeichnung innerlich längst abgeschrieben habe, es aktuell jedoch mehr SEO-Aufträge, SEO-Tools und mehr Stellenanzeigen mit SEO-Bezug gibt, als je zuvor.

Falls Du das Webinar verpasst hast, kannst Du es Dir hier direkt ansehen:

Aber wohin geht die Reise wirklich?

Durch den starken Fokus im Gespräch auf die Organisation der Inhouse SEOs und der Frage wo SEO im Unternehmen aufgehängt werden sollte, haben wir die eigentliche Frage „Wohin geht die Reise für SEOs und die Branche?“ aber im Grunde nicht wirklich beantwortet.

Ich glaube SEO wird SEO bleiben, aber der organischer Traffic wird in den kommenden Jahren immer schwieriger zu akquirieren sein. Wer sich auf technische Qualitätssicherung und User Experience konzentriert mit Sicherheit nichts falschen machen. Und natürlich wird man mit erfolgreichen Content Marketing Strategien auch in Zukunft ein gewisses Maß an Traffic über die organische Suche ziehen können. Nachhaltiges Branding wird sich ebenfalls auf den navigational Traffic und die Sichtbarkeit im allgemeinen auswirken. Aber navigational Search SEO ist schon lange nicht mehr wirklich interessant, denn auf fremden Marken holt man kaum noch nennenswerten Traffic.

Doch ich glaube der Kuchen wird noch kleiner.

Wir sehen in vielen Branchen bereits jetzt eine starke Konkurrenz durch Google. Aktuell sind das in der Regel nur direkte Konkurrenzprodukte für Intermediäre wie Preisvergleiche und Content-Aggregatoren. Googles eigene Produkte, stellen meistens aber noch keine Konkurrenz für die Content-Quelle dar. In der der Jobsuche erhalten die Stellenanzeigen der anderen Plattformen mehr Reichweite, in der Produktsuche erhalten Shops Traffic und Umsatz, in vielen Fällen lässt sich Google das Ganze aber bereits durch die Integration von immer mehr bezahlten Anzeigen und Formaten vergolden.

Dieser Trend wird weitergehen.

Alles, das sich kommerziell ausschlachten lässt, wird Google mit bezahlten Anzeigen und anderen Formen bezahlter Inklusion monetarisieren. Das heißt konkret, dass es immer weniger Traffic für kommerzielle Suchanfragen über organische Suchergebnisse geben wird.

Transactional Search SEO wird über kurz oder lang in vielen Branchen vollkommen uninteressant.

Einzig die Klasse der Informational Search bleibt noch eine Weile spannend. Doch wenn Google immer mehr Antworten direkt gibt und nun wie angekündigt sogar die Informationen aller Webseiten per KI auswertet, steht uns eine Welt echte Assistenz per KI & AI bevor, in der der Nutzer keine Webseiten mehr braucht, wie das bereits bei der Sprachsuche der Fall ist.

Kurz vor Google I/O habe ich schon in meinem Artikel „Rethinking Search: Google will alle Suchanfragen direkt beantworten!“ geschrieben, dass Google garnicht daran interessiert ist, Nutzer auf Webseiten zu führen. Aus der Forschungsarbeit habe ich folgendes herausgelesen:

Dort wird an einer Suchmaschine gearbeitet, die sich wie ein menschlicher Experte verhält. Diese soll Antworten in natürlicher Sprache produzieren, die aus mehr als einem Dokument zusammengesetzt sind und ihre Antworten mit Verweisen auf unterstützende Beweise untermauern, wie es beispielsweise bei Wikipedia-Artikeln der Fall ist.

Aus https://www.search-one.de/rethinking-search/

Dieser Eindruck hat sich nun auf der Google I/O bestätigt und zu meiner Überraschung ist man sogar viel weiter als gedacht! Ich habe nich damit gerechnet, dass wir hier so schnell konkrete Implementierungen sehen werden, doch da habe ich die AI-Bestrebungen von Google wohl unterschätzt.

Mit MuM steht diese Revolution unmittelbar bevor!

Laut Google hat MuM (Multitask Unified Model) das Potenzial, die Art und Weise zu verändern, wie Google bei komplexen Aufgaben hilft. Wie bereits BERT basiert MuM ebenfalls auf einer Transformer-Architektur, ist aber rund 1.000-mal leistungsfähiger! MuM versteht nicht nur Sprache, sondern generiert sie auch, ähnlich wie GPT-3. Trainiert wurde das gigantische Modell in 75 verschiedene Sprachen und für viele verschiedene Aufgaben gleichzeitig, wodurch es das derzeit umfassenste Verständnis von Informationen und Weltwissen entwickelt hat. Das besondere an MuM, abgesehen von dessen Komplexität ist außerdem, dass MuM multimodal ist, d.h. es versteht Informationen in Texten und Bildern und kann in Zukunft auf weitere Formate wie Video und Audio erweitert werden.

MUM: Ein neuer KI-Meilenstein für das Verständnis von Informationen

Das Beispiel, dass Google in seinem Erklärungspost verwendet, lässt einen die Tragweite dieser Technologie erkennen:

Nehmen Sie dieses Szenario: Sie haben den Mt. Adams erkommen. Jetzt wollen Sie im nächsten Herbst den Mt. Fuji besteigen und Sie wollen wissen, was Sie anders machen müssen, um sich vorzubereiten. Heute könnte Google Ihnen dabei helfen, aber es würde viele wohlüberlegte Suchen erfordern – Sie müssten nach der Höhe jedes Berges, der durchschnittlichen Temperatur im Herbst, der Schwierigkeit der Wanderwege, der richtigen Ausrüstung und mehr suchen. Nach einer Reihe von Suchen würden Sie schließlich die Antwort bekommen, die Sie brauchen.

Aber wenn Sie mit einem Wanderexperten sprechen würden, könnten Sie eine Frage stellen: „Was sollte ich anders machen, um mich vorzubereiten?“ Sie würden eine durchdachte Antwort erhalten, die die Nuancen Ihrer Aufgabe berücksichtigt und Sie durch die vielen Dinge führt, die Sie berücksichtigen müssen.

Dieses Beispiel ist aus Googles Sicht alles andere als einzigartig. Bei diesen Aufgaben, die mehrere Schritte erfordern, will Google mit MuM besser werden. Sie stellen fest, dass Menschen im Durchschnitt acht Suchanfragen für komplexe Aufgaben wie diese stellen.

Diese Suchanfragen würden alle wegfallen, das Google sogar explizit erwähnt:

In Zukunft werden Sie also weniger Suchen brauchen, um Dinge zu erledigen.

Google wird Antworten auf immer komplexere Fragen direkt ausgeben. Durch LaMDA selbstverständlich auch in natürlicher Sprache. Ebenso könnte Google die Antworten vorlesen oder ein kleines Video als Antwort generieren.

Die Webseiten, von denen diese Informationen stammen, dienen nur noch als Nachweis bzw. Quellenangabe und werden aus meiner Sicht kaum noch aus der Suche Traffic erhalten.

Aber noch ist Google nicht so weit. Noch ist SEO nicht tot. Denn, ich habe im Erklärungsvideo von der Google I/O etwas spannendes entdeckt:

mum zerlegte suchanfrage Quo Vadis SEO? Was kann man für Suchmaschinen mit künstlicher Intelligenz noch optimieren?

Eine derart komplexe Suchanfrage, wie die nach den Unterschieden in der Vorbereitung zur Besteigung von Mt. Fuji im Vergleich zum Mt. Adams, kann nur teilweise von der KI beantwortet werden. Als weiterführende Informationen werden spezielle Aspekte durch gezieltere Suchanfragen wie „how to prepare the right gear“ offenbar für den Nutzer vorbereitet zusammen gestellt, worin wiederum Webseiten, Videos und Bilder als Ergebnisse dargestellt werden.

Etwas Zeit bleibt uns offenbar jedoch noch: Google selbst sagt, dass heutige Suchmaschinen noch nicht so ausgereift sind, um derart komplexe Fragen zu beantworten, wie es ein Experte tun würde. Aber mit einer der Technologie, kommen sie genau diesem Ziel wieder einen Schritt näher.

Schöne neue Welt. Oder?

Für ein besseres Verständnis kann ich euch das folgende Video aus Googles Konferenz I/O sehr ans Herz legen:

Update: Ich wurde spontan zu einem LiveStream bei SISTRIX zu dem Thema eingeladen und habe dort noch ein paar mehr Details zu MuM und den Gefahren und Möglichkeiten erzählt:

4js Quo Vadis SEO? Was kann man für Suchmaschinen mit künstlicher Intelligenz noch optimieren?